26.03.2023
Zwei Jahre entwickelten zehn Klimaschutz-Unternehmen mit wissenschaftlicher Unterstützung in dem Pilotprojekt „Wege zum klimaneutralen Unternehmen“ individuelle Maßnahmen und Fahrpläne. Bei der Abschlussveranstaltung in Berlin stellten sie am 9. Februar die Ergebnisse des Kooperationsprojekts „Wege zum klimaneutralen Unternehmen“ vom Verband Klimaschutz-Unternehmen und dem Fachgebiet umweltgerechte Produkte und Prozesse (upp) der Universität Kassel vor.
Die zehn Projektunternehmen haben sich ambitionierte Ziele gesetzt: Fast alle richten sich nach den Science Based Targets, die auf dem 1,5°C-Ziel des Pariser Abkommens basieren. Bis zum Jahr 2030 will die Gruppe ihre Treibhausgasemissionen von 185.000 Tonnen im Jahr 2019/2020 um 45 Prozent auf 103.000 Tonnen reduzieren. Sie sparen damit schon so viel ein wie ein Auto, das mehr als 11.000-mal die Erde umfährt oder ein Flugzeug, das 1.350-mal zwischen Frankfurt und Mallorca hin- und herfliegt*. Mit ihren Zielen haben die Klimaschutz-Unternehmen einen großen ersten Schritt getan, um bis 2045 klimaneutral zu werden.
Um sich auf ihren Weg Richtung Klimaneutralität vorzubereiten, raten die Pilotunternehmen anderen Betrieben, allein für die Analyse ihrer Ist-Situation und das Entwickeln von Zielszenarien sowie einer Klimastrategie circa zwei Jahre einzuplanen. Der Transformationsprozess sollte als Chance gesehen werden, denn ein geringerer CO2-Fußabdruck senkt die Geschäftsrisiken. Thomas Hoyer, Prokurist und Stabsleiter bei Energiedienst, empfiehlt: „Betriebe sollten Klimaneutralität als Unternehmensziel festlegen. Geschäftsführungen müssen entsprechende Strategien entwickeln und den Prozess aktiv unterstützen. Für Unternehmen bedeutet das einen Change Prozess. Dafür brauchen sie Extraressourcen und Zuständigkeiten, müssen neue Themen etablieren, Geschäftsmodelle überdenken, Mitarbeitende heranführen und einbinden.“ Der COO von Phoenix Contact, Torsten Janwlecke, ergänzt: „Aus Erfahrung der Unternehmen, die im Projekt zwei Jahre intensiv am Thema Klimaneutralität gearbeitet haben, ist externe Unterstützung beim Transformationsprozess sinnvoll. Gerade wissenschaftliche Expertise sorgt für Akzeptanz im Unternehmen. Schon bekannte Maßnahmen nach dem Stand der Technik bewerten zu lassen, um dann Kosten zu berechnen und die Umsetzung zu planen, ist bei einem solchen Change Prozess sehr hilfreich.“
Ausgangspunkt des Projekts waren die verschiedenen Ansätze für Klimaneutralität. Der Professor Jens Hesselbach, Leiter des upp, erklärt den Ansatz: „Was heißt klimaneutral eigentlich und woran sollen Unternehmen sich orientieren? Es gibt Gesetze und Vorgaben der Politik, aber weiter keine Norm. Deshalb haben wir mit den Pilotbetrieben zusammen individuelle Ziele, Strategien, Pläne und Maßnahmen für die praktische Umsetzung im Betrieb entwickelt, mit denen sie das 1,5°C-Ziel oder eigene Ziele erfüllen, aber auch die geplante Klimaneutralitätsnorm“.
Bei der Frage nach Hemmnissen, die die beteiligten zehn Klimaschutz-Unternehmen auf ihrem Weg zur Klimaneutralität sehen, sagen 80 Prozent, dass regulatorische Rahmenbedingungen zunehmend zum Problem werden. Die Hälfte der Pilotgruppe findet auch das Thema Finanzierung und Fördermittel schwierig. „Regularien werden immer komplexer, Behörden und Genehmigungsverfahren sind ein echter Hemmschuh für Unternehmen, die klimaneutral werden wollen. Da es keine einheitliche Definition oder Vorschriften gibt, ist unklar, was Klimaneutralität für Unternehmen beispielsweise bei Baugenehmigungen zukünftig bedeutet“, so Philipp Andree, Geschäftsführer der Klimaschutz-Unternehmen.
Unternehmen holen sich durch das Projekt „Wege zum klimaneutralen Unternehmen“ Unterstützung: Parallel zur ersten Projektrunde ist im Sommer 2022 eine zweite Runde mit zehn Betrieben gestartet.
Bei Projektrunde 1 von Anfang 2021 bis Ende 2022 waren diese zehn Klimaschutz-Unternehmen dabei:
- Energiedienst Holding AG
- Förster Kunststofftechnik GmbH
- Neumarkter Lammsbräu Gebr. Ehrnsperger KG
- PHOENIX CONTACT GmbH & Co. KG
- Provinzial Holding AG
- Schöck Bauteile GmbH
- Stadtwerke Karlsruhe GmbH
- Weidmüller Interface GmbH & Co. KG
- Worlée-Chemie GmbH
- ZINQ GmbH & Co.KG
PHOENIX CONTACT ist außerdem in REGINEE Göttingen+ des VEA und im LEEN OWL VII (Bielefeld) der Initiative aktiv. Auch Weidmüller Interface hat an den bereits abgeschlossenen Netzwerken NRW des BDEW und EnBW Netzwerk Energieeffizienz NRW 2 des BDEW teilgenommen.
Porträts der Pilotunternehmen, ihre Definition von Klimaneutralität und Empfehlungen für andere Unternehmen, die Ergebnisse der Umfragen zu Hemmnissen während Projektrunde 1 und weitere Informationen zu beiden Projektrunden finden Sie hier.
*Für die Berechnungen zugrunde gelegt wurden: a) Der Weltumfang von 40.075 Kilometern sowie ein Pkw, der auf 100 km 7,75 Liter Benzin verbraucht und pro Kilometer 185 g CO2e ausstößt. b) Ein mit 82% durchschnittlich ausgelasteter Airbus A320 mit 168 Sitzplätzen sowie die 1.252 km lange Strecke zwischen Frankfurt/Main und Palma de Mallorca.
Bildnachweis: Getty Images/Andriy Onufriyenko