Herr Dr. Witt, welche Bedeutung messen Sie der Energieeffizienz für das Erreichen der Klimaschutzziele der Bundesregierung bei?
Mehr Energieeffizienz bedeutet, kurz gesagt, mehr Nutzen zu stiften mit weniger Energieeinsatz. Die Optimierung der gesamten Prozesskette führt zur Einsparung von Primärenergie und Reduktion von Emissionen klimarelevanter Gase wie CO2. Das kann sehr oft mit wirtschaftlich tragfähigen Lösungen erreicht werden, die daher Vorrang haben sollten. Zudem ist zu beachten, dass die Eigentümer von Gebäuden und Anlagen, die Nutzer von Geräten, die Betreiber von Produktionsanlagen den Fortschritt hier entscheidend bestimmen. Die Bundesregierung verfolgt einen Ansatz aus Information, Anreizförderung und Rahmensetzung, die die Energieeffizienz als Marktlösung voranbringen sollen. Das ist gut und richtig so. Fachlich hochqualifizierte Energieberater der Energieunternehmen sind jedoch oft formal ausgeschlossen, wenn Umsetzungsmaßnahmen beim Kunden durch öffentliche Mittel gefördert werden können, hier wird immer noch Effizienzpotenzial verschenkt. Weitere Hemmnisse für Energiedienstleistungen gilt es abzubauen. Diese Fragen werden u.a. in den Arbeitsgruppen der Energiewende-Plattformen der Bundesregierung thematisiert.
Welche Vorteile sehen Sie für Unternehmen, sich in der betrieblichen Praxis für Energieeffizienz zu engagieren?
Die Effizienz des Produktionsfaktors Energie ist ein wichtiger Wettbewerbsaspekt für die Unternehmen. Die systematische Analyse und gezielte Umsetzung der Energieeffizienz spart Kosten und nützt der Umwelt.
Positives Image und motivierte Beschäftigte in einem modernen Arbeitsumfeld sind ebenso wichtig. Auch gutes Raumklima in den Büros und Hallen, neue Motoren mit weniger Schallemissionen, gute Beleuchtung und Bildschirme sparen Energie und Kosten. Kurz gesagt, das Unternehmen prosperiert und die Belegschaft zieht mit.
Warum ist der professionelle Austausch für Unternehmen wichtig und welche Bedeutung hat dabei die Initiative Energieeffizienz-Netzwerke?
Die Unternehmen haben alle auch die Frage der Energie- und der Prozessoptimierung auf der Agenda. Audits und Energiemanagement sind dabei Teil der Lösung, jedoch fehlt es an Erfahrungen aus umgesetzten Maßnahmen.
Was bringt ein Beleuchtungs-Contracting oder wo liegen die wirtschaftlichen Potenziale von Abwärmeverwendung oder Wärmerückgewinnung? Hier aus Erfolgen und Fehlern anderer zu lernen, ist ein wichtiges Plus der Netzwerke.
Besonders positiv bei der Arbeit im Netzwerk wird deshalb immer der Austausch unter den Teilnehmern hervorgehoben. Anwender berichten von eigenen Erfahrungen, Problemen und tatsächlich umgesetzten Lösungen. Das steigert die Umsetzungsquoten z.B. der Maßnahmenempfehlungen aus den Energieaudits deutlich. Die Initiative trägt wesentlich dazu bei, die positiven Erfahrungen der Teilnehmer von Netzwerken breit zu kommunizieren.
Sie hat die Netzwerkidee aus dem “Laborstadium” eines geförderten Pilotprojekts in die Breite getragen und intensiviert die Öffentlichkeitsarbeit. Die regionalen Aktivitäten haben durch die Initiative und ihre Mitglieder erheblich an Fahrt aufgenommen.
Können Sie uns Ihre Erfahrungen aus eineinhalb Jahren Netzwerkarbeit schildern?
Wir, d.h. alle beteiligten Verbände und Ministerien, wussten von Anfang an, dass es ein dickes Brett zu bohren gilt und Netzwerke nicht allein durch zentrale Maßnahmen entstehen werden. Die Motivation und Beteiligung der vielen regionalen Akteure wie Kammern, Kommunen, Energieunternehmen, Industrie- und Handwerksbetriebe muss im Mittelpunkt stehen. Bis ein Netzwerk steht, haben Träger und Moderator in der Regel viele Monate Akquisition betrieben, Teilnehmer werden nur durch persönliche Ansprache und Überzeugungskraft gewonnen. Institutionen, Unternehmen oder Entscheidungsträger, die von der Netzwerkidee erstmals hören sind eher skeptisch und zurückhaltend, fürchten hohen Kosten- und Personalaufwand.
Das macht die Akquise für neue Netzwerke so anspruchsvoll. Einmal für die Idee gewonnen schlägt die Skepsis häufig in Begeisterung um. Wir haben noch keine negative Aussage zur Netzwerkarbeit von aktuellen oder ehemaligen Netzwerkteilnehmern gehört. Im Gegenteil, einmal gegründete Netzwerke wurden – zum Teil mehrfach – verlängert.
Worin sehen Sie die zukünftigen Herausforderungen der Initiative?
Vor allem am Ball bleiben, den Erfahrungsaustausch organisieren, die Erfolge der Netzwerke in die Öffentlichkeit und in die Unternehmen transportieren. Die besten Netzwerkformate muss man sich entwickeln lassen.
Der Erfolg zählt, auf gute Erfahrungen kann man aufbauen, sollte aber auch neue Ideen kreativ umsetzen. So ist es gelungen, die Ökoprofit-Netzwerke zu Energieeffizienz-Netzwerken weiter zu entwickeln, spezielle Formate, die den Möglichkeiten kleiner Unternehmen besser entsprechen, sind in Vorbereitung. Energieeffizienz-Netzwerke, die sich selbst tragen und Teil der Unternehmenskultur werden, dass ist das Ziel der Netzwerkidee, das es konsequent weiter zu verfolgen gilt.
Herr Dr. Witt, vielen Dank für das Gespräch.